Forschungsprojekt "TraBI"

Sebastian Schneider, Marc Wenner, Sandra Kranich Artikel veröffentlicht: 19.02.2025

Entwicklung eines zukunftsfähigen Nachweisformates für die Gleis-Tragwerk-Interaktion

Ziel des Projekts TraBI ist die Entwicklung eines zukunftsfähigen Nachweisformates zur Längskraftabtragung bei verschiedenen Oberbauformen. Dieses Format soll auf Basis theoretischer Modelle und praktischer Versuchsergebnisse eine sichere und standardisierte Bemessung ermöglichen. Die Projektergebnisse fließen in die Erstellung eines Leitfadens ein, welcher es den Planungs- und Prüfingenieur/-innen ermöglicht, den Längskraftabtrag für verschiedene Oberbausituationen zu modellieren, zu berechnen und nachzuweisen. Dieser Leitfaden soll zukünftig in das Bahn-Regelwerk sowie in das bestehende europäische Normenkonzept integriert werden.

Brückenübergang mit Schotterbegrenzung und Schienenauszug – Durch genaue Berechnungen des Längskraftabtrags können aufwendige Schienenauszüge ggf. vermieden werden. Foto: Alexander Burzik

Anlass

Das aktuelle Nachweisverfahren zum Längskraftabtrag nach Ril 804 bzw. DIN EN 1991-2 kann nur angewendet werden, wenn zahlreiche begrenzende Randbedingungen erfüllt sind. Dazu gehören u. a. die Begrenzung des Nachweises auf ein Schienenprofil, auf große Gleisbogenhalbmesser, auf einen maximalen Schwellenabstand usw. Werden diese Randbedingungen nicht eingehalten, verlangt das Regelwerk „besondere Untersuchungen oder zusätzliche Maßnahmen“. Welche Art und welchen Umfang diese haben sollen, bleibt jedoch unklar.

In der Praxis müssen in diesen Fällen aufwendige, objektspezifische Untersuchungen durchgeführt werden. Diese sind stark projektbezogen und lassen sich zunächst kaum auf andere Tragwerksituationen übertragen. Trotz der Einbindung der DB InfraGO AG-Fachstelle (zum Beispiel über UiG-, ZiE- oder CSM-Verfahren) war es bisher nicht möglich, eine ausreichende Grundlage zu schaffen, um die bestehenden Lücken im Regelwerk zu schließen und so auf aufwendige Sonderbetrachtungen verzichten zu können.

Projektziel

Ziel des Projektes TraBI ist die Entwicklung eines zukunftsfähigen Nachweisformates zur Längskraftabtragung bei verschiedenen Oberbauformen. Auf Basis theoretischer Modelle und praktischer Versuchsergebnisse wird ein Leitfaden entwickelt, welcher es den Planungs- und Prüfingenieur/-innen ermöglicht, den Längskraftabtrag für verschiedene Oberbausituationen zu modellieren, zu berechnen und nachzuweisen. Zukünftig soll dieser Leitfaden in das Bahn-Regelwerk sowie in das bestehende europäische Normenkonzept integriert werden.

Durchführung

Das Projekt TraBI startet mit einer Recherche und Analyse von historischen und aktuellen Versuchsergebnissen zur Gleis-Tragwerk-Interaktion (GTI), um den Stand der Technik nationaler und internationaler Erkenntnisse zusammenzufassen. Die Ergebnisse dienen der Anpassung und Neuausrichtung offener Forschungsfragen sowie als Grundlage für die Planung weiterer Versuche. Die recherchierten Daten und Parameter werden anschließend in einer strukturierten Datenbank zusammengeführt und in einem Open-Access-Repository in deutscher und englischer Sprache veröffentlicht.

Anschließend finden umfangreiche Laborversuche zu verschiedenen Widerstandskennwerten an der Technischen Universität München und der Technischen Universität Dresden statt. Hierbei werden experimentelle Untersuchungen u. a. zum Längsverschiebe-, Durchschub-, Verdreh- und Querverschiebewiderstand, zum Ersatzträgheitsmoment des Gleisrostes sowie zur Ermüdungsfestigkeit und zu den Eigenspannungen verschiedener Schienenprofile durchgeführt. Parallel dazu finden mehrere In-situ-Versuche an einem Überbau der Eisenbahnüberführung Schwarze Elster in Elsterwerda statt. Durch die gezielte Verschiebung der Brücke werden die Auswirkungen der Brückenlängsverformung auf den Oberbau und die Schienenspannungen experimentell abgebildet und gemessen. Im Vorfeld sind hierzu umfassende Planungen zur Errichtung des Versuchsfeldes, zu den notwendigen Baumaßnahmen, den Belastungstests sowie zur Ausarbeitung von Sicherheits- und Messtechnik-Konzepten notwendig. Anschließend an die Versuche erfolgen zahlreiche numerische Modellierungen und Parameterstudien. Die numerischen Modelle werden anhand der Versuchsergebnisse kalibriert. Mit den Modellen sollen in den Parameterstudien der Einfluss von verschiedenen Sachverhalten, Randbedingungen und Diskontinuitäten im Gleis auf den Längskraftabtrag untersucht werden. Auf dieser Grundlage werden letztlich Ableitungen für geeignete Modellierungen sowie für die Nachweisführung zur Vermeidung von Gleisverwerfungen und Schienenbrüchen erarbeitet. Diese werden in einem Leitfaden übersichtlich und nachvollziehbar zusammengestellt.

Erwartete Ergebnisse

Das Projekt TraBI soll die Nachweisführung der Längskraftabtragung für unterschiedliche Oberbauformen ermöglichen und damit bestehende Regelwerkslücken schließen. Das Ergebnis des Projekts wird die Dokumentation der theoretischen Grundlagen und eine Erweiterung der bestehenden Rechenmodelle um Eingangswerte für verschiedene Oberbauformen sein. Versuche und Beobachtungen fließen in die Entwicklung eines numerischen Gesamtmodells ein, das Brücke, Damm und Oberbau ganzheitlich betrachtet. Zudem werden zulässige Werte für Schienendruck- und Schienenzugspannungen ermittelt und in ein aktualisiertes Nachweiskonzept integriert. Schließlich soll untersucht werden, ob das Verfahren mit europäischen Normen harmonisiert werden kann, um eine langfristige Regelwerksanpassung zu ermöglichen.

Projektpartner

Für das Projekt TRABI haben sich folgende Partner aus Wissenschaft und Praxis zusammengeschlossen:

  • MKP GmbH Umfassende Expertise im Bereich Gleis-Tragwerk-Interaktion mit langjähriger Erfahrung in statischen Berechnungen, Monitoring an Bahnanlagen sowie der Begleitung von UiG-, ZiE- und CSM-Verfahren

  • Technische Universität München, Lehrstuhl und Prüfamt für Verkehrswegebau – Größtes Institut für Verkehrswegebau in Deutschland, Erfahrung bei der Planung, Durchführung und Auswertung von Versuchen im Labor und in Betriebsgleisen

  • DB Bahnbau Gruppe GmbH – Langjährige Erfahrung als Generalunternehmer für jegliche Arbeiten bei der Eisenbahninfrastruktur. Planung, Erstellung und Instandhaltung von Anlagen der Infrastruktur, insbesondere der Eisenbahninfrastruktur mit Projektschwerpunkt konstruktiver Ingenieurbau, Gleis- und Oberbau.

  • Technische Universität Dresden, Institut für Massivbau – Stiftungsprofessur für Ingenieurbau der DB, Erfahrungen im Bereich von Gleislagestabilität bei Fester Fahrbahn und Schienenermüdungsverhalten, Schieneneigenspannung sowie Durchführung und Auswertung von Versuchen

  • Konstruktionsgruppe Bauen AG – Erfahrungsträger im Bereich der statischen Berechnungen und Bemessung im Ingenieurbau

  • Dr. Plica Ingenieure Beratende Ingenieure – PartG mbB – Erfahrungsträger im Bereich Gleis-Tragwerks-Interaktion mit langjähriger Erfahrung in statischen Berechnungen, Gutachten, Oberbaumessungen, sowie der Begleitung von UiG-, ZiE- und CSM-Verfahren

  • FOLAB GmbH – Expertise auf dem Gebiet verteilter faseroptischer Messungen von Dehnungen und Temperatur, Installation von DFOS-Sensoren auf Schienen, Auswertung von Messdaten 

Weitere Informationen zum Projekt

Projektzeitraum

01.02.2025 bis 31.01.2028

Ansprechpartner

Projektkoordinator: MKP GmbH, Projektleiter: Marc Wenner

Das Projekt TraBI auf der Homepage des DZSF

Über das Deutsche Zentrum für Schienenforschung

Das Deutsche Zentrum für Schienenverkehrsforschung beim Eisenbahn-Bundesamt (DZSF) ist eine Ressortforschungseinrichtung des Bundes. Es setzt das Bundesforschungsprogramm Schiene um und fördert praxisnahe Forschung zur Sicherheit, Nachhaltigkeit und Innovation im Schienenverkehr. Das DZSF arbeitet eng mit Hochschulen, Industrie und Verbänden zusammen, um neue Technologien zu entwickeln und die Leistungsfähigkeit der Bahn zu verbessern. Zudem fördert das DZSF die Umsetzung von Forschungsergebnissen und deren Verbreitung auf europäischer Ebene.