Die Scherkondetalbrücke - eine Herausforderung für Ingenieure

Bauwerkstyp
Eisenbahnbrücke
Baujahr
2008 - 2010
Lage
Krautheim (Thüringen)

Scherkondetalbrücke

Die Scherkondetalbrücke - eine Herausforderung für Ingenieure

  • Fakten
  • Essay

Bauwerk:

Bauwerkstyp:
Eisenbahnbrücke
Baujahr:
2008 - 2010
Lage:
Krautheim (Thüringen)
Konstruktion:
zweigleisige semi-integrale Talbrücke, Spannbeton
DB-Strecke:
5919 NBS Erfurt – Leipzig/Halle, km 215,353 bis 215,929
Abmessungen:

Brückenlänge: 576,5 m
Regelstützweite: 44,0 m
Brückenbreite: 13,0 m
Höhe über Gelände: 34,0 m

Inbetriebnahme:
2015

Tätigkeiten:

  • Planung, Entwurf, Genehmigung und Ausschreibung (2006 - 2007) bei der DB ProjektBau GmbH
  • Planung und Umsetzung eines automatischen Monitorings zur Überwachung während der Realisierung des integralen Tragwerks und während des Regelbetriebs
  • Automatisierte Aufbereitung der Messdaten
  • Auswertung der Messergebnisse
  • Energieautarker Messbetrieb

Auszeichnungen:

  • Auszeichnung zum Preis Ingenieurbaupreis 2010 Ernst & Sohn
  • Innovationspreis der DB ProjektBau GmbH 2010
  • Deutscher Brückenbaupreis 2012

Veröffentlichungen:

Marx, S.; Krontal, L.; Bätz, S.; Vehlow, A.:
Die Scherkondetalbrücke, die erste semi-integrale Talbrücke der DB AG auf der Neubaustrecke Erfurt – Leipzig/Halle VDE 8.2

Beton- und Stahlbetonbau 105 (2010), Heft 3, S. 134 - 141

DOI: 10.1002/best.201000076
Link zum Artikel
Schenkel, M.; Marx, S.; Krontal L.:
Innovative Grossbruecken im Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsverkehr am Beispiel der Neubaustrecke Erfurt-Leipzig/Halle

Beton- und Stahlbetonbau 104 (2009), Heft 11, S. 782 - 789

DOI: 10.1002/best.200900046
Link zum Artikel

 

„Die Scherkondetalbrücke - eine Herausforderung für Ingenieure“

Die Scherkondetalbrücke wurde als semi-integrale Talbrücke für die Hochgeschwindigkeitsstrecke der Deutschen Bahn AG zwischen Erfurt und Leipzig/Halle entworfen. Gegenüber den bisher errichteten konventionellen Talbrücken der Bahn besitzt sie eine sehr hohe Transparenz und Schlankheit bei gleichzeitig hervorragender Steifigkeit und Robustheit.

Die Scherkondetalbrücke ist Preisträgerin des Brückenbaupreises 2012.

Innovation bei der Deutschen Bahn AG

Brücken dieser Größenordnung wurden bisher weder bei der DB AG noch bei den Straßenbauverwaltungen in Deutschland als integrale Bauwerke ausgebildet. Für die DB AG bedeutet der Bau integraler Brücken im Hochgeschwindigkeitsverkehr eine Abkehr von den alten Entwurfsgrundsätzen für Talbrücken. Die Scherkondetalbrücke gilt als Pilotprojekt für mehrere ähnliche integrale bzw. semi-integrale Bauwerke der DB AG, die sich derzeit in der Planung bzw. Ausführung befinden (Unstruttalbrücke, Gänsebachtalbrücke, Aurachtalbrücke).

Die Form folgt dem Kraftverlauf

Durch die zurückhaltende Gestaltung der Über- und Unterbauten, durch klare, einfache Formen und eine unauffällige Oberflächengestaltung wurde das Tal durch das Bauwerk unspektakulär überbrückt. Die Formgebung der Über- und Unterbauten unterstreicht die Tragwirkung und visualisiert den Kraftfluss des Bauwerkes. Der Überbau ist als Balkenquerschnitt in Spannbetonbauweise mit einer Konstruktionshöhe von 2,0 m im Feldbereich und einer Voutung im Stützbereich von 3,50 m ausgebildet. Er verfügt damit über die doppelte Schlankheit gegenüber dem ursprünglichen Entwurf der Rahmenplanung Talbrücken.

Im Bereich des Scherkondetals steht ab ca. 4,0 m unter GOK sehr tragfähiger Tonstein an. Nur aufgrund der sehr guten Baugrundverhältnisse mit den geringen zu erwartenden Setzungen konnte die Scherkondetalbrücke als semi-integrales Bauwerk errichtet werden.

Auf den richtigen Festpunkt kommt es an

Einer der wichtigsten Entwurfsfaktoren einer semi-integralen Brücke ist die Wahl des Festpunktes. Zum einen bestimmt die Festpunktwahl über die Abtragung der horizontalen Verkehrslasten aus Bremsen und Anfahren, zum anderen beeinflusst diese Entscheidung maßgeblich die aufzunehmenden Zwangskräfte. Der Abstand zwischen Festpunkt Widerlager West (Achse 0) und letztem monolithisch angeschlossenen Pfeiler (Achse 10) der Scherkondetalbrücke beträgt 452,0 m. Bei diesen Längen treten sehr hohe Zwangsbeanspruchungen aus Temperatur, sowie Kriechen und Schwinden auf. Diese sind bemessungsrelevant für die Pfeileranschlüsse. An den östlichen Pfeilern 11 und 12 sowie am Widerlager Ost wurden Lager eingebaut.

Die Pfeiler wurden als schlanke Vollwandscheiben mit konstanten Dicken von 1,00 m bis 1,50 m auf einer einreihigen Pfahlgründung geplant. Die monolithisch angeschlossenen Pfeiler sind damit sehr verformungsfähig in Längsrichtung und setzungsarm in Vertikalrichtung.

Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit

Die Überbauten und Pfeiler der Scherkondetalbrücke wurden ausschließlich als Vollquerschnitte entworfen. Damit verbunden war eine sehr einfache und effektive Herstellung dieser Tragwerksteile. Aufgrund der verbesserten Einspannverhältnisse für die monolithisch angeschlossenen Pfeiler konnten die Anzahl der Gründungspfähle deutlich reduziert werden. Das Bauwerk ist aufgrund der Vollquerschnitte äußerst robust. Diese Robustheit in Verbindung mit der minimierten Anzahl von Lagern und Fugen lässt geringere Unterhaltskosten für diesen Bauwerkstyp erwarten.

Monitoring

Aufgrund der neuartigen Bauweise im Eisenbahnbrückenbau wurde für die Scherkondetalbrücke im Zeitraum der Bau- und Einfahrphase sowie während des ersten Betriebsjahres ein Monitoring durch das Eisenbahnbundesamt gefordert.

Mit dem Monitoring sollen die Erkenntnisse zum Trag- und Verformungsverhalten für die integrale Eisenbahnbrücken bestätigt und abschließend die Messergebnisse mit den getroffenen Berechnungsannahmen verglichen werden.

Schwerpunktartig werden an der Scherkondetalbrücke Dehnungsmessungen im Bereich der monolithisch an den Überbau angeschlossenen Pfeilern und Verformungsmessungen an der Fuge Achse 13 durchgeführt. Um die Einflüsse von Temperaturänderungen auf das Verformungsverhalten des Tragwerks erfassen zu können werden die Überbautemperaturen an verschiedenen Stellen des Tragwerks dauerhaft messtechnisch überwacht.